Passion nach dem Matthäus- und Lukas-Evangelium op. 170

29.15

Für 1-2 Sprecher, 2-5 Bass-Soli, gemischten Chor, Streichquartett und Streichorchester
Ergänzt durch Texte von Sigrid Schweiger und Choräle von J.S. Bach
Dauer: 57′

Die Komposition der Passion op. 170 erfolgte in mehreren Schritten in den Jahren 1984 bis 1991, angeregt und auch uraufgeführt durch Gertrud Zwicker und ihren Jugendchor Rein. Anfangs als punktuelle Stimmungsmusik zum gelesenen Passionstext und zu den Bachschen Chorälen erdacht, entwickelte sich das Werk in mehreren Stufen bis zu einer durchgehenden und vielschichtigen Vertonung der Passion Christi. Heinz Kratochwil lässt – im Gegensatz zu Bach – den Evangelienbericht ganz schlicht von einem Sprecher vortragen. Der emotionelle Kommentar wird ebenfalls gesprochen, allerdings aus heutiger, moderner Sicht. Es sind meditative Texte von Sigrid Schweiger, die den Menschen von heute berühren und bewegen wollen. Das begleitende Orchester besteht ausschließlich aus Streichern, aus denen sich als klanglicher Lichtglanz für die Worte Christi ein solistisches Streichquartett herauslöst. Elf Chorsätze aus den Passionen von J. S. Bach übernimmt Kratochwil notengetreu in sein Werk. Alles andere ist Kratochwils eigene Musik, seine klanglichen Visionen von dem, was Leid, Bedrängnis, Elend und Tod heute bedeuten und auslösen. Und sogar da bezieht er an einer Stelle Bach ein: Im Vorspiel des Streichorchesters, das am Ende nochmals erklingt, hört man im Mittelteil, der nur von Solisten gespielt wird, einen kunstvollen Kanon zwischen Violoncello und 1. Violine über die Choralmelodie ‚O Haupt voll Blut und Wunden‘.
(Gustav Danzinger)

Schon 1984 brachte der Jugendchor Rein in der Stiftskirche Rein eine ‚Musik zur Passion‘ zu Gehör. Der Passionstext wurde großteils gelesen, ergänzt durch betrachtende Texte aus gegenwärtiger Sicht von Sigrid Schweiger. Heinz Kratochwil vertonte für die damalige Aufführung besonders eindringliche Rufe des Volkes (wie ‚Er soll gekreuzigt werden!‘) und fügte überdies einige Vokalisen (textlose Chorstellen) hinzu, die die Stimmung mancher wesentlicher Szenen (wie das letzte Abendmahl) unterstreichen sollten. Zur Umrahmung der Passion und nach markanten Abschnitten der Handlung wurden Vokal- und auch Instrumentalstücke verschiedener Komponisten zum Erklingen gebracht, die jeweils auf das Passionsgeschehen Bezug nahmen. Im Laufe der darauffolgenden Jahre wurde der Anteil der vertonten Abschnitte des Passionstextes immer mehr erweitert. Im Jahr 1991 – dem Jubiläumsjahr des Chores – wurde die Endfassung dieser recht umfangreichen Passionsmusik aus der Taufe gehoben. Im Vorspiel bringt das Streichorchester Schmerz und Trauer zum Ausdruck. Ein Streichquartett intoniert hierauf in polyphoner Verarbeitung den Choral ‚O Haupt voll Blut und Wunden‘. Schließlich schimmern im Klang des Streichorchesters bereits die Auferstehung und die Erlösung durch. In dieser Fassung der Passion werden alle Abschnitte, die in direkter Rede gehalten sind, gesungen. Die Stimme Jesu wird vom Streichquartett begleitet. Die übrigen Soli – der Hohepriester, Pilatus und die beiden Verbrecher am Kreuz – werden von Mitgliedern des Chores interpretiert und vom Solovioloncello begleitet. Der Chor verkörpert die ‚Turbae‘, die Stimme des Volkes und auch der Jünger, und bringt dies in Vokalisen zum Ausdruck. Ein Sprecher trägt die erzählenden Teile der Passionsgeschichte vor, während Sigrid Schweiger die von ihr geschaffenen betrachtenden Texte selbst zum Vortrag bringt. Wie ruhende Pfeiler inmitten des Passionsgeschehens werden originale Chorsätze aus der Matthäus- und Johannespassion von Johann S. Bach eingefügt. Es handelt sich großteils um Melodien von weniger bekannten Barockkomponisten, die in protestantischen Gottesdiensten als Gemeindegesang eingesetzt wurden, in den unvergleichlichen Sätzen von Bach aber durch ihre Kunstfertigkeit und insbesondere durch ihre ausdrucksvolle Textauslegung zu echten Meisterwerken wurden. Nach dem Tod Jesu knüpft das Streichorchester an eine Vokalise des Chores an und intoniert eine getragene Trauermusik. Die Choralstrophe ‚Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe‘ deutet das kaum fassbare Mysterium des Kreuzestodes an. Auf die Grablegung folgt der beziehungsvoll eingesetzte Choral ‚Wenn ich einmal soll scheiden‘. Die Sprecherin bekennt auf ihre Frage nach dem Sinn von Leid und Tod den Glauben an die Auferstehung. Daran schließt sich in den Streichern dieselbe schmerzliche getönte Musik, die schon als Vorspiel gedient hatte und schließlich – nach einer Reminiszenz des Chorals ‚O Haupt voll Blut und Wunden‘ – voll Hoffnung und Zuversicht endet.
(Gertrud Zwicker)

Rezension:

‚Wer eine Passionsvertonung sucht, die zeitgemäße Tonsprache mit der Tradition vereint, die Ausführenden und das Publikum zu bewegen und zu berühren vermag – nicht zuletzt durch die eingebauten Meditationstexte – , die für Laienchöre absolut ‚machbar‘ ist und die keinen großen zusätzlichen Aufwand erfordert (nur kleines Streicherensemble), für den findet sich eine Antwort: die Passion von Heinz Kratochwil. (…)‘
CHOR AKTUELL 4/2011

‚Ein sehr überzeugendes Opus in der Synthese von Tonsprachen aus Vergangenheit und Gegenwart, in der Realisation gerade bei zeitgenössischer Vokalmusik, im Aktualisieren der Thematik. Aufgrund seiner Länge ist das Werk wahrscheinlich eher konzertant aufführbar.‘
(Johannes Ebenbauer, SINGENDE KIRCHE 3/2012)

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