Audivi Media Nocte
€184.99
Als ich Audivi Media Nocte komponierte, drängten sich zunächst verschiedene widersprüchliche musikalische Gedanken in den Vordergrund. Teilweise wurde ich durch eine Motette von Thomas Tallis aus dem 16. Jahrhundert inspiriert, von der sich der Titel des Stückes ableitet. Tallis‘ Motette wird primär an Allerheiligen gesungen, und der Titel heisst übersetzt ‚Ich hörte, um Mitternacht…‘. Ich hatte diese Motette vor einigen Jahren kennen und schätzen gelernt und nun schien mir die Zeit gekommen, sie im Rahmen einer eigenen Komposition zu verwenden. Andererseits spürte ich, dass eine beträchtliche Bewegungsenergie nötig sein würde, um den ruhigen, kontemplativen Fluss von Tallis‘ Musik auszugleichen. So entstanden zahlreiche rhythmische Motive, von sich denen einige indirekt wiederum aus der rhythmischen Struktur der Motette ableiteten. Zudem entwarf ich eine Akkordserie, welche einen Kontrapunkt zur modalen Harmonik der Motette bildet. Das Stück entwickelte in der Folge zunehmend einen eigenen Charakter, in loser Anknüpfung an das mystische Bild der Nacht, die unsere geheime Leidenschaft und Trauer verbirgt. Es wurde so zu einem instrumentalen Drama, das auch Elemente eines Concerto Großo beinhaltet, da stellenweise Solistengruppen dem Tutti in einer eher unüblichen Weise gegenübergestellt werden. Der Klangcharakter der Brass Band mit ihren tiefen, schweren Klangfarben, mit ihrem lyrischen Potential und ihrer Fähigkeit zu kompakten rhythmischen Gesten kam dabei meinen musikalischen Absichten sehr entgegen. So entstand eine musikalische Erzählung über die Nacht, die irgendwie zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Kontemplation und Übermut, zwischen Gebet und Raserei oszilliert.
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